AVL Focus - Ausgabe 2024

Elektrochemische Modellierung

von Batteriezellen

Die Elektrifizierung der Automobilindustrie ist in vollem Gange. Unabhängig

davon, ob es sich um batterieelektrische, brennstoffzellenbetriebene

oder hybride Antriebe handelt – sie alle benötigen eine Batterie als

Energiespeicher bzw. Puffer. Bei jedem dieser Fahrzeugtypen werden

entscheidende Fahrzeugattribute wie Reichweite, Ladezeit, Fahrleistung,

Sicherheit und Lebensdauer maßgeblich von der Batterie beeinflusst.

ur Optimierung dieser Attribute sind nicht nur gute

­Zellen und eine passende Integration in ein Batterie­

paket erforderlich, sondern auch eine Betriebsstrategie,

die das volle Potenzial der Zellen ausschöpft, ohne sie dabei

zu schädigen.

Die klassische elektrothermische Modellierung mit sogenannten

RC-Modellen kann zwar das Spannungsverhalten der Zellen

in weiten Bereichen abbilden, erlaubt aber keinen Einblick in

die inneren Vorgänge der Zelle. Das Verhalten in Grenzberei-

chen, wie z.B. beim intensiven Laden/Entladen oder durch den

Betrieb bei sehr tiefen oder hohen Temperaturen, kann damit

nicht vorhergesagt werden. Demgegenüber lassen sich mit der

elektrochemischen Modellierung auch die chemischen und

physikalischen Vorgänge in der Zelle darstellen. Nichtlineare

Effekte wie Interkalationsreaktionen oder Diffusionsvorgänge

werden korrekt abgebildet, ihr Einfluss auf die Schädigung

kann analysiert und damit ein sicherer Betrieb gewährleistet

werden.

Dennoch hält sich hartnäckig die Meinung, dass elektroche-

mische Modelle schwierig zu parametrieren sind. Wir haben in

AVL CRUISE™ M einen geführten Workflow implementiert, der

Nutzer dabei unterstützt, die Parametrierung möglichst schnell

und einfach durchzuführen. Darüber hinaus lassen sich nicht

vorhandene Eingabedaten mit passenden Daten aus einer

Materialdatenbank (Erfahrungswerte) substituieren. Zusätzlich

ist eine Auswahl an parametrierten Zellmodellen als Referenz

vorhanden. Diese Modelle werden in CRUISE M virtuell in

die entsprechenden Module und Packs integriert, um deren

elektrische, thermische und mechanische Randbedingungen

exakt abzubilden. Liegt schließlich ein multiphysikalisches

Gesamtmodell vor, erfüllt es neben der Simulation realer Be-

triebsbedingungen zur Leistungsbewertung weitere Aufgaben.

Beispielsweise die Untersuchung von Alterungsphänomenen,

die Kalibrierung des BMS mit SoC- und SoH-­Charakteristika

mittels virtueller HPPC-Tests oder die Optimierung von

Schnellladefunktionen.

Nachhaltige Mobilität verlangt nach ausgereiften Batterien.

Ihre Entwicklung erfordert elektrochemische Modellierung.

2024